Dieses wundersame Leben: THE DECEMBERISTS – I’ll Be Your Girl

 


(photo & allrights: THE DECEMBERISTS / Holly Andres / fb)

° ° °

Hochgradig spannend ist es immer, wenn man gerade in aktuelle Neuerscheinungen hereingehört und sich bereits eine Art Vor-Urteil gebildet hat,
zu lesen, was denn die Freude der sogenannten Fachpresse so von sich geben.

Manchmal durchaus erheiternd, manchmal ziemlicher Schrott – zumal oft einfach die falschen Leute die falschen Rezensionen schreiben müssen.
So geschehen gerade ganz frisch auf einem deutschen Testportal.
Ich glaube, der Schreiber war zur Gründung von

THE DECEMBERISTS

noch nicht geboren oder fühlt sich aus unbekanntem Grund berufen seine unausgegorene Meinung herauszuposaunen.

Aber nun, ich möchte diesen Hanseln nicht noch mehr Aufmerksamkeit widmen und womöglich Euch noch dazu verleiten, dort einmal nachzulesen.
Nein.

Ebenso scheint es mir durchaus verwunderlich, dass hie und da verlangt wird, zurück zu den Wurzeln und bleibt wie ihr ward, alles beim Alten.
Um dann sagen zu können: Naja, die klingen eben wie immer. Egal.

Verleiten aber durchaus möchte ich zum Hören des heute erscheinenden neuen Werks von Colin Meloy und Genossinnen,
I’ll Be Your Girl
heißt das neue Album und es ist mit üblichen Ups and Downs wirklich beachtlich frisch und spaßbringend geraten.

Und die Band hat endlich auch oder einmal mehr das getan, was sie tun wollte.

Eine Möglichkeit wäre gewesen, in die Kerbe der Hyper! Hyper!-Stars zu schlagen und mit gemütlichen Folksongs große Bühnen und Stadien zu erobern. Nach dem Erfolg von The King Is Dead (Platz 1 in den englischen Charts, Grammy-Nominierung und und..) wurde aber diesem Erfolg und noch größeren umjubelten Einheitsbrei-Veröffentlichungen nicht nachgegangen. Die Band machte Pause.
Was man nicht hätte alles tun können. Das eben diese Band genau das nicht getan hat, aus persönlichen Gründen und der Überzeugung, dass man sich im Megastar-Umfeld gar nicht Zuhause fühlen möchte verdient mehr als Hochachtung und das Gemaule und Gemeckere: Packt sie Synthies wieder weg.

Das aber die erste Single Severed beispielsweise ein erhebendes energisch aufmuckendes Stück Musik ist und gerade durch die unerwartete Andersartigkeit zu gefallen weiß wird vielerorts unter den Tisch gekehrt. Die überraschenden neuen Klänge entstanden aus dem Wunsch heraus, etwas zu verändern, zu entwickeln, zu erneuern und ergänzen. Im Song selbst geht es um einen Fanatiker, der allein in der Lage ist, das Gute zu tun und die Welt zu bekehren.

Mit hämmernden Drums und Synthies kommen ganz andere Feinheiten zum Zuge als die, die bisher als typisch für die Band angesehen wurden.
Dennoch, die Songs mit einer akustischen Einleitung zu beginnen klingt ganz nach Tradition.
Und diese wird in mehr als der Hälfte der auf dem neuen Album vertretenen Songs auch beibehalten.

Ernste Themen in lustiger Verpackung oder umgekehrt – für Colin Meloy eines der großen Geheimnisse erfolgreichem Songwritings. Als Beispiel dafür sei nur kurz Sucker’s Prayer erwähnt, in dem sich der Protagonist des Liedes mit Steinen in der Hose im Wasser ertränken möchte, die Natur in Form von strömendem Wasser aber seine Beinkleider mit sich reißt.

So mag zumindest ich hoffen, dass uns zukünftig viele weiter so überraschend frische Klänge dieser sympathischen Musiker ereilen werden – sofern wir nicht jung sterben werden wir es erleben.

° ° °
92/100

THE DECEMBERISTSI’ll Be Your Girl
Rough Trade, 16.3.2018


Once In My Life
Cutting Stone
Severed
Starwatcher
Tripping Along
Your Ghost
Everything Is Awful
Sucker’s Prayer
We All Die Young
Rusalka, Rusalka / The Wild Rushes
I’ll Be Your Girl

° ° °

 

// in english:

It is always very exciting (NOT) when you have just listened to new releases and have already formed a kind of prejudice,
what the joy of the so-called music-press is saying.

Sometimes quite amusing, sometimes quite junk – especially since often simply the wrong people have to write the wrong reviews.
This is what just happened on a „German test portal“.
I think the presumably young author was not yet born in the first day of

THE DECEMBERISTS

and feels called to trombone out his immature opinion for unknown reason.

But now, I don’t want to devote any more attention to these „Hanseln“ and possibly tempt you to read up there.
No.

It also seems to me quite astonishing that here and there people are being asked the band to go back to the roots and stay as you were, everything remains as it was.
Then to be able to say: Well, they sound the same. It doesn’t matter.

But I would like to tempt you to listen to the new work by Colin Meloy and comrades, which will be released today,
I’ll Be Your Girl
is the name of the new album and it is really remarkably fresh and fun with the usual ups and downs.

And the band finally did what they wanted to do.

One possibility would have been to take the Hyper! Hyper! stars and conquer big stages and stadiums with cosy folk songs. After the success of The King Is Dead (Number 1 in the English charts, Grammy nomination and so on) this success and even bigger acclaimed releases were not followed up. The band took a break.
What one could not have done everything. That this band didn’t do exactly that, for personal reasons and the conviction that they don’t want to feel comfort and at home in a megastar environment deserves more than respect as the moaning and grumbling: Put Synthies away again.

But that the first single Severed, for example, is an uplifting and energetic piece of music, and it is precisely because of its unexpected otherness that it knows how to please, is swept under the table in many places. The surprising new sounds arose out of the desire to change, develop, renew and supplement something.
The song itself is about a fanatic who alone is able to do the good and convert the world.

With hammering drums and synthies, completely different subtleties come to the fore than those that were previously regarded as typical for the band.
Nevertheless, to start the songs with an acoustic introduction sounds quite traditional.
And this will be maintained in more than half of the songs on the new album.

Serious themes in funny packaging or vice versa – for Colin Meloy one of the great secrets of successful songwriting. An example of this is Sucker’s Prayer, in which the protagonist of the song wants to drown himself in the water with stones in his pants, but drags nature in the form of flowing water with his leg clothes.

So at least I hope that in the future many more surprisingly fresh sounds of these likeable musicians will overtake us – unless we die young we will experience it.

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