(photo & allrights: CHOIR BOY / Bandcamp)
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Jedes unnatürlich hohe Kreischen in Songs von vermeintlich männlichen Künstlern ruft bei mir ein ganz unbewusst und nahezu von selbst ein gewisses Ablehnungsverhalten hervor. Dieses Croonen und Quietschen, nur weil die Singstimme offenbar keinen wirklichen Gesang hervorbringt.. finde ich in den meisten Fällen einfach nervtötend.
Anders (ja ganz anders) hier im vorliegenden Fall die neue Scheibe von
CHOIR BOY.
Auch hier ist häufig mal ein himmelhochjauchzend-tönendes Gesing zu hören. Aber in Gemeinsamkeit mit elektronischer Spitzfindigkeit und malerischem Synthie-Ambiente, mit Beats à la Erasure und Gesangslinien à la Irrepressibles macht das einfach Laune, gute Laune und verbreitet eine seltsam frühlingshafte (Vor-)Freude.
Inmitten einer Landschaft aus Grün und frisch quellendem Wasser ein dunkles, blubberndes Mysterium, ein unheimliches, lauerndes Unbekanntes, im Hintergrund, wie wartend auf den passenden Moment, in dem es ungehindert zustoßen und seine Opfer zu sich holen kann.
So in etwa klingt
Gathering Swans,
die neue Platte des Salt Lake City-Quartetts
CHOIR BOY.
So sind es die an die 80er Jahre erinnernden sehnsüchtig machenden Melodien (Toxic Eye), die den Ton bestimmen und sowohl vertraut als auch geheimnisvoll tönen. Bläser und Klangfolgen wie damals auswendig und im Schlaf gekonnt wie in Torch oder Tainted Love erinnern an die große Zeit von Soft Cell ohne wie auch immer geartete Plagiatsabsichten ausfindig machen zu können.
Schon im kommenden Liedlein spielt sich die billige Drum-Machine in den Vordergrund und Adam Klopps Gesangsstil mahnt fast an Morrissey.
Eine grandiose und fast süchtig machene variantenreiche Interpretation verzwickter Schmusemelodien, die hier in leicht schräger Manier zusammengefügt werden.
Etwas, in das viel hineingebracht wird, Gedanken, Erfahrung, Hoffnung.
Es existiert eine Art Kommunikation zwischen den Songs, es ist eine Art Wechselspiel, eine Frage-Antwort-Reihe ungelöster Geschichten. Zwischen Naivität und Selbstkritik ist es der offensichtiche Sarkasmus und die Art, sich selbst nicht in den Mittelpunkt zu stellen, sich nicht zu ernst zu nehmen – und dennoch das herüberzubringen, was man vermitteln möchte in seiner Musik.
Nachdem
CHOIR BOY
zunächst als Ein-Mann-Show startete ist das Line-Up mittlerweile mit Chaz Costello, Jeff Kleinman und Michael Paulson erweitert und komplettiert worden – in dieser Formation sind auch die neuen Songs in der nun vorliegenden Fassung entstanden und beackert worden.
Ein Traum von Respekt, eine Art Versuch, Ungleichheit und alltäglichen Zynismus abzuschwächen – da mittlerweile ein Jeder mit persönlichen Resentiments und Vorgegebenem Gedankengut durch’s Leben geht und eine Überwindung der, auch zwischenmenschlichen, Diskrepanzen unmöglich scheint.
Es ist der Versuch, nach einer unschönen Erfahrung wieder aufzustehen, weiter zu machen und die Dinge, die man selbst beeinflussen kann, für alle ein wenig angenehmer zu gestalten.
Wenn es denn mal ein wenig einfallsloser zur Sache geht tut das dem Ganzen dennoch keinen Abbruch: Selbst einfach gestrickte Songs wie Sweet Candy haben ihren Reiz.
Zumal es kurz darnach dann wieder mit Wild Beasts-Intonation fortschreitet und mit Shatter ein Indie-Pop-Stückchen aus dem Ärmel gezaubert wird, das mit seinen Basslinien schon wieder stark einer sorgenfreieren Vergangenheit hinterherhängt. Nach eigener Aussage haben Bands wie China Crisis, die B52’s, Kate Bush oder Roy Orbison die musikalische Entwicklung der Band und somit natürlich auch die hier vorliegenden Stücke beeinflusst.
So vereinen die Jungs hier vielerlei Zutaten einer Vintage-Wave-Rock-Ära zu einer Art neuen Melange, die wenn auch nicht immer innovativ, so doch aber tiefst berührend und bis zur Oberkante fast durchgehend überaus unterhaltsam ist.
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89/100
CHOIR BOY – Gathering Swans
Dais Records, 8.5.2020
It’s Over
Toxic Eye
Complainer
Nites Like This
St. Angela Merici
Sweet Candy
Shatter
Eat The Frog
Happy To Be Bad
Gathering Swans
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in english:
Aimed High
Every unnaturally high shriek in songs by supposedly male artists evokes in me quite unconsciously and almost by itself a certain rejection behaviour. This crooning and squeaking, just because the singing voice obviously doesn’t produce any real singing… I find it simply annoying in most cases.
Different (yes, quite different) here in this case the new record of
CHOIR BOY.
Also here you can often hear a sky-high, jubilant singing. But in combination with electronic subtlety and picturesque synth ambience, with beats à la Erasure and vocal lines à la Irrepressibles, this simply puts you in a good mood, good humour and spreads a strangely spring-like (pre)joy.
n the midst of a landscape of green and freshly springing water, a dark, bubbling mystery, an eerie, lurking unknown, in the background, as if waiting for the right moment when it can happen unhindered and bring its victims to itself.
Sounds something like this
Gathering Swans,
the new record of the Salt Lake City Quartet
CHOIR BOY.
So it is the yearning melodies (Toxic Eye), reminiscent of the 80s, that set the tone and sound both familiar and mysterious. Wind instruments and sound sequences as they were played by heart and in sleep, as in Torch or Tainted Love, are reminiscent of the great times of Soft Cell without being able to detect any kind of plagiarism.
There’s a kind of communication between the songs, it’s a kind of interplay, a question-answer series of unsolved stories. Between naiveté and self-criticism, it is the obvious sarcasm and the way to not focus on oneself, not to take oneself too seriously – and yet to bring what one wants to convey in his music.After
CHOIR BOY
started as a one-man-show the line-up has now been extended and completed with Chaz Costello, Jeff Kleinman and Michael Paulson – in this formation the new songs in the version now available have also been created and painted.
A dream of respect, a kind of attempt to mitigate inequality and everyday cynicism – because now, with personal resentment and given thought, everyone goes through life and overcoming the discrepancies, even between people, seems impossible.
It’s an attempt to get up after an unpleasant experience, to keep doing and to make the things that you can influence yourself a little more pleasant for everyone.
If it’s a little bit less imaginative, it doesn’t stop there.
Even just knitted songs like Sweet Candy have their charm.
After that, it will soon be reintroduced with Wild Beasts intonation and with Shatter an indie-pop piece will be cast out of the sleeve, which with its bass lines is again strongly following a more worrying past. According to their own testimony, bands such as China Crisis, the B52’s, Kate Bush or Roy Orbison have influenced the musical development of the band and therefore of course also the present plays.
The boys here combine many of the ingredients of a vintage wave rock era into a kind of new melange that is not always innovative but deeply touching and is almost always entertaining to the top.