Aufgewühlte Stille: INDIGO SPARKE – Hysteria (review)

(photo & allrights: INDIGO SPARKE / Bandcamp)

War Echo, ihr Debüt von 2021 noch bezeichnend, brüchig, unclean und etwas unstrukturiert, von seltsam erhaben scheinender Naivität und der Neugier, einfach zu versuchen, nicht perfekt zu sein sondern Gedanken für Songs, Ausarbeitungen für Lyrics einfach ohne Hintergedanken, wie denn jetzt was auf wen wirken würde, kommt
Hysteria
nun mit sich selbst ein wenig ins Gewirr, scheint zwischen Ruhe und Intensität und fast Indie-Rocksongs zu wandern, verändert seinen Lauf, seine Geschwindigkeit.
Nicht schuldlos daran Produzent Aaron Dessner von The National.
Man würde meinen, der Herr hätte genug zu tun, nimmt er sich doch sowohl Zeit als auch die Freiheit, die hier vertretenen Songs unter seinen Fittichen entstehen, ja wachsen zu lassen.
Das könnte schlimmer sein, ist aber letzten Endes genug, um hier oder da die Wirkung vor der Direktheit präsentieren zu wollen.
Wenn man einer Idee die Spontanität glattbügelt (um sie geschmeidiger zu machen), vielleicht ja zugänglicher, dann kann ich das im Fall der jungen Australierin

INDIGO SPARKE

unter Umständen die eigentliche Stärke eines Songs schmälern, zumindest aber sein an die HörerInnen weitergegebenes Gefühl beeinflussen.
Ähnlich wie Julien Baker ist hier nach dem Debüt eine Freiheit verändert worden, auch an Stellen, die es nicht wirklich brauchten.
War auf Ihrem Debüt Echo (Link zu meiner Besprechung) noch diese ungestüme, freie unbekümmerte und gedankenlose Freiheit, dieses Gefühl von Ich mach einfach, ich erzähle, ich offenbare, merkt man der neuen LP an, dass hier sehr wohl Gedanken und Überlegungen, wohl auch Bearbeitungen im Nachhinein vorgenommen wurden.
Statt sich vom Gefühl leiten zu lassen, gab es vermeintliche Eingeständnisse zugunsten der Hörbarkeit.
Alles nur eine Vermutung. Alles nur (m)ein Gefühl.
Es ist natürlich noch immer gar wunderbar, es gibt nur hier und da Momente, in denen ich denke, nöö, das wäre schnörkelloser cooler gewesen.

Bearbeitung persönlicher Traumata mithilfe ihrer Texte, ihrer Klänge.
Das bringt die erfordliche Nähe, die kleine Stille, nur für uns.

Wenn in der ersten Single Pressure In My Chest eben jene titelgebenden Worte ewig und ewig mantraartig wiederholt werden, birgt dies unter Umständen die Gefahr, ein Ende herbeizusehnen.
Wenn sich hier einige Songs sich nicht einfügen, sich hervortun (wie das Einstiegsstück Blue, in dem man auf die Folter gespannt wird ohne jedoch zum erwarteten Final zu gelangen, oder im gitarrenorientierten Hold On durch eine Gesangslinie, murmelnd und fordernd), so ist
Hysteria
ein bemerkenswertes Album, mit intimen Momenten und Songs, die auf ihre Chance zu warten scheinen. Die Stille macht’s, auch hier. Ganz vorn in unserer Gunst ist die Ruhe.

° ° °
83/100

INDIGO SPARKEHysteria
Sacred Bones, 7.10.2022

Blue
Hysteria
Pressure In My Chest
God Is A Woman’s Name
Why Do You Lie?
Pluto
Infinity Honey
Golden Ribbons
Real
Sad Is Love
Set Your Fire On Me
Hold On
Time Gets Eaten
Burn

// in english:

Troubled silence

If Echo, her debut from 2021, was still characteristic, fragile, unclean and somewhat unstructured, of a strangely sublime seeming naivety and the curiosity to simply try not to be perfect, but to think of songs, elaborations for lyrics simply without ulterior motives, how what would now affect whom, comes
Hysteria
now gets into a bit of a tangle with itself, seems to wander between calm and intensity and almost indie rock songs, changes its course, its speed.
Not blameless in this producer Aaron Dessner of The National.
You’d think the gentleman would have enough to do, taking both the time and the freedom to let the songs represented here evolve, even grow, under his wing.
This could be worse, but is ultimately enough to want to present here or there the effect before the directness.
If you smooth the spontaneity of an idea (to make it more supple), perhaps more accessible, then I can do that in the case of the young Australian

INDIGO SPARKE

may diminish the actual strength of a song, or at least affect its feeling passed on to the listener.
Similar to Julien Baker, a freedom has been changed here after the debut, even in places that did not really need it.
Was on your debut Echo (link to my review) still this impetuous, free carefree and thoughtless freedom, this feeling of I just do, I tell, I reveal, one notices on the new LP that here very well thoughts and considerations, probably also edits were made afterwards.
Instead of being guided by feeling, there were supposed admissions in favor of audibility.
Everything only a presumption. All just (m)a feeling.
It’s still quite wonderful, of course, there are just moments here and there when I think, nope, that would have been cooler in a more straightforward way.

Processing personal traumas with the help of their lyrics, their sounds.
This brings the necessary closeness, the little silence, just for us.

If in the first single Pressure In My Chest exactly those title-giving words are repeated eternally and eternally mantra-like, this holds under circumstances the danger to long for an end.
If here some songs do not fit in, stand out (like the introductory track Blue, in which one is put on the rack without, however, reaching the expected final, or in the guitar-oriented Hold On by a vocal line, murmuring and demanding), so is
Hysteria
is a remarkable album, with intimate moments and songs that seem to wait for their chance. Silence does the trick, here too. Right up front in our favor is silence.

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