Meditation auf Glasscherben: FACS – Still Life In Decay (review)



(photos & allrights: FACS / Bandcamp)

° ° °

Hast Du Dir schonmal ein Kissen ins Gesicht gedrückt und voller Kraft geschrien?
Dieser Druck, die Energie, der Wille.
Nur hört man nicht viel. Nicht wie gedacht, nicht wie gewünscht.
Aber vielleicht doch befreiend, gewissermaßen

Wenn man Stille mit Energie paart, mit Aggressivität und Intensität, mit fast virtuell anmutenden Instrumentalreisen, mit eingebetteten faszinierenden Lyrics, eindringlich und irgendwo abgehoben, trotzdem bodenständig, innovativ, inspirierend, fesselnd, laut und, ja, nochmal intensiv, könnte es sein, das gerade
FACS
zu hören sind.
Der Dreier aus Chicago (am Bass Alianna Kalaba, dazu Gitarre Brian Case und Schlagzeug Noah Leger) wirkt auf den ersten Blick eher harmlos, fast lieblich, schlägt dann aber mit einer Wucht in den Magen, die man nicht vermutet hätte und ihnen vielleicht auch nicht zugetraut.

Pine Barons kommen mir in den Sinn, Wax Chattels, Sonic Youth.. voll Kraft und zurückgehaltener Emotionalität die aus ihren Songs herausknallt. Ähnlich wie ein Luftballon, den man immer weiter aufbläst, weiter, weiter, auch wenn seine Haut dünn wird, man sieht, das geht nicht mehr lange gut, da wird gleich ein großer Knall…
Und wenn man sich dann trotzdem wie die Sau erschreckt, dann in ein erleichterndes Lachen ausbricht und die leicht feuchten Ballonreste vom Boden aufklaubt.
Es schreit, unterdrückt.
.
Es floated, ja, fließt in jede Lücke, wird erreicht, doch nicht genug, nie genug.
Es will ja, alles will, doch im Geist wird blockiert, zurückgehalten, Kontrollverlust, nein, das will ich nicht, die Räder quietschen, drehen durch, qualmen, stinken. Allein, voran geht es nicht.
Anders hier, es geht pausenlos voran, unbestimmte Richtung aber nie zurück.
Energie, gebündelt, vereint, gemeinsam, unbändig. Es loopt, es wiederholt und steigert sich. Endlich, entlädt es sich.

FACS

zaubern Lächeln und beglücken, in ihrer Art, ihrem Sound, den man nicht zu fassen bekommt, den man zuerst langsam entdecken möchte, um ihn dann in einen Sack zu verschnüren und immer nur häppchenweise entweichen zu lassen.
Es könnte ja sein, es schlüpft hinaus und verschwindet, dauerhaft.

Still Life In Decay
das sind sechs Songs, die es in sich haben.
Man fühlt sich wohl und unwohl irgendwie, verändert und verwundert, man hat Blut geleckt und möchte mehr.
Meditation auf Glasscherben, ein Winden zwischen heavy Gitarren, gekoppeltem Reverb-Sound und Wiederholungen, und Wiederholungen und ja, noch einmal.

Gern mag man sich das hier nochmal aus veränderter Position zu Gemüte führen.
Also dann, Schleudergang bitte einmal volle Kraft und dann die nächste Fahrt in Zeitlupe, und rückwärts.


° ° °
94/100

FACSStill Life In Decay
Trouble In Mind, 7.4.2023

Constellation
When You Say
Slogan
Class Spectre
Still Life
New Flag

// in english:

Meditation on broken glass

Have you ever pressed a pillow to your face and screamed full of power?
This pressure, the energy, the will.
Only.. you don’t hear that much. Not as you thought, not as you wanted.
But perhaps liberating, in a way

When you pair silence with energy, with aggression and intensity, with almost virtual instrumental journeys, with embedded fascinating lyrics, haunting and somewhere aloof, yet down-to-earth, innovative, inspiring, captivating, loud and, yes, intense again, it might just be that

FACS

are to be heard.

The three-piece from Chicago (on bass Alianna Kalaba, plus guitar Brian Case and drums Noah Leger) seems at first glance rather harmless, almost sweet, but then hits with a force in the stomach, which one would not have suspected and perhaps did not expect them.

Pine Barons come to mind, Wax Chattels, Sonic Youth… full of power and restrained emotionality that pops out of their songs. Similar to a balloon that you keep inflating, further, further, even if its skin is getting thin, you can see that it won’t last much longer, there’s about to be a big bang….
And when you still get scared like a pig, then bursts into a relieved laugh and picks up the slightly damp balloon remains from the ground.
It screams, suppressed.
.
It floats, yes, flows into every gap, is reached, yet not enough, never enough.
It wants yes, everything wants, but in the mind is blocked, held back, loss of control, no, I don’t want that, the wheels squeak, spin, smoke, stink. Alone, it does not go forward.
It’s different here, it goes forward without a break, in an undetermined direction but never back.
Energy, bundled, united, together, irrepressible. It loops, it repeats and increases. Finally, it discharges.

FACS

conjure up smiles and delight, in their way, their sound, which you can’t grasp, which you would like to discover slowly at first, only to tie it up in a sack and let it escape in bits and pieces.
It could be that it slips out and disappears, permanently.

Still Life In Decay
these are six songs that have it all.
One feels well and uncomfortable somehow, changed and amazed, one has tasted blood and wants more.
Meditation on broken glass, a wind between heavy guitars, coupled reverb sound and repetitions, and repetitions and yes, once again.

Gladly one may take a look at this again from a different position.
Well then, spin cycle please once full power and then the next ride in slow motion, and backwards.

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